Polnische Gerichts-, Vollstreckungs- und Verwaltungsverfahren: Nachweis der gesetzlichen Vertretung bzw. Bevollmächtigung

Polnische Gerichts-, Vollstreckungs- und Verwaltungsverfahren: Nachweis der gesetzlichen Vertretung bzw. Bevollmächtigung

Guido Reker - Di., 13.08.2019 - 12:00

In polnischen Verfahren stets zusammen mit der ersten Rechtshandlung nachzuweisen, dass der Handelnde für den Beteiligten vertretungsbefugt ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn eine natürliche Person in einem der vorbezeichneten Verfahren Rechtshandlungen persönlich vornimmt (also Schriftsätze oder Anträge selber unterzeichnet und an Verhandlungen persönlich teilnimmt).

Dies betrifft die Fälle, dass sich eine natürliche Person durch einen Verfahrensvertreter oder durch einen Prozessbevollmächtigten (in Polen Rechtsanwalt (Adwokat) oder Rechtsberater (Radca prawny))  [„Prozessbevollmächtigter“] vertreten lässt. Dann ist mit der ersten Rechtshandlung (Schriftsatz) eine Originalvollmacht oder  eine durch einen Prozessbevollmächtigten beglaubigte Vollmacht vorzulegen. Anwälte (und Rechtsberater) können ihre Bevollmächtigung nicht „anwaltlich“ zu versichern. Zur Beglaubigung muss den Anwälten (Rechtsberatern) die Vollmacht im Original vorliegen.

In Strafverfahren müssen durch Rechtsanwälte (Rechtsberater) aber stets Originalvollmachten vorgelegt werden.

Ist der Beteiligte (Kläger, Beklagte, Nebenintervenient, Geschädigter im Strafverfahren, Verfahrensbeteiligter, etc.) eine in einem öffentlichen Register eingetragene juristische Person (GmbH, Aktiengesellschaft, GmbH + Co KG, OHG oder Kommanditgesellschaft, Genossenschaft etc.), so ist zwingend ein  beglaubigter Handelsregisterauszug vorzulegen, aus welchem sich die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Person(en) ergibt. So ist nachzuweisen, dass die „richtige“ Person(en) die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten oder Verfahrensvertreters unterzeichnet hat/haben. 

Vertretung einer deutschen GmbH durch einen Anwalt (Rechtsberater) in einem polnischen Verfahren

In dem  klassischen Fall, dass sich z.B. eine deutsche GmbH von einem Anwalt (Rechtsberater) in einem polnischen Verfahren vertreten lässt, ist  folgendes zu tun:

  • Einholung eines durch das registerführende Gericht zu beglaubigenden Handelsregisterauszugs/Firmenbuchauszugs
  • Einholung einer Apostille für den vorgenannten Handelsregisterauszug
  • Unterzeichnung einer (tunlichst von einem polnischen Rechtsanwalt oder Rechtsberater vorbereiteten) Vollmacht durch eine Person oder Personen, welche im Handelsregisterauszug als vertretungsberechtigt ausgewiesen sind (ein oder mehrere Geschäftsführer, ein oder mehrere Prokuristen, Geschäftsführer mit Prokurist; abhängig von den im Handelsregister verlautbarten Vertretungsregelungen). 
  • Einholung einer beglaubigen Übersetzung der vorgenannten Dokumente  
  • Übersendung der vorgenannten Dokumente im Original an den Prozessbevollmächtigten

Hierzu folgende Hinweise:

Beglaubigter Registerauszug

  • Diesen erteilt das registerführende Gericht 
  • Es sollte eine aktuelle Kurzfassung eingeholt werden, um die Übersetzungskosten und –dauer möglichst gering zu halten

Apostille

  • Es handelt sich um eine Art „Echtheitsbestätigung“ nach dem Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5. Oktober 1961 (BGBl. 1965 II, S. 876). Vertragsstaaten sind u.a. alle EU-Staaten.
  • Für die hier interessierenden Fälle erteilt die Apostille in Deutschland üblicherweise das örtliche Landgericht, wobei die Zuständigkeit in den deutschen Bundesländern aber uneinheitlich geregelt ist. 
  • Bei Beantragung der Apostille ist das Original des gerichtlich beglaubigten Handelsregisterauszugs bei der zuständigen Stelle vorzulegen, da die Apostille auf dem Handelsregisterauszug aufzubringen oder mit diesem zu verbinden ist. 

Übersendung

  • muss im Original erfolgen
  • wegen zumeist langer Postlaufzeiten ist bei kurzfristigem Handlungsbedarf (Fristen) eine Übersendung per Kurierdienst geboten. 

Dieses Vorgehenserfordernis trifft bei ausländischen Parteien häufig auf Unverständnis. Sie ist aber für eine wirksame Vertretung in einem polnischen Verfahren unerlässlich. Werden die obengenannten Nachweise mit der ersten Prozesshandlung nicht vorlegt, so setzt das Gericht/die Behörde/der Gerichtsvollzieher eine relative kurze Frist zu Nachholung. Wird diese Frist nicht eingehalten, wird die Rechtshandlung als unwirksam verworfen.