Polnische GmbH (Sp. z o. o.): zulässiger Ort der Gesellschafterversammlung
Können sich die Gesellschafter den Aufwand einer Reise nach Polen für die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung sparen, indem sie die Gesellschafterversammlung in ihrem Heimatland oder im „Internet“ durch Nutzung moderner Telekommunikationstechniken abhalten?
Das polnische GmbH-Recht ist hier strikt (Art. 234 des Gesetzbuches über die Handelsgesellschaften – HGGB). Gesellschafterversammlungen einer polnischen GmbH müssen am Sitz der Gesellschaft, also in Polen, abgehalten werden. Dabei ist mit „Sitz“ nicht zwingend die Sitzadresse, sondern die Stadt oder das Dorf gemeint, wo die Gesellschaft ihren eingetragenen Sitz hat. Falls die Satzung der GmbH dies vorsieht, oder alle Gesellschafter dem schriftlich zugestimmt haben, kann die Gesellschafterversammlung auch an einem anderen Ort abgehalten werden. Dieser Ort muss aber wiederum auf dem polnischen Staatsgebiet liegen!
Beschlüsse einer außerhalb des polnischen Staatsgebiets abgehaltenen Gesellschafterversammlung können mit einer Nichtigkeitsklage nach Art. 252 HGGB angegriffen werden. Dies gilt auch, wenn die Gesellschafterversammlung innerhalb des polnischen Staatsgebiets an einem nicht zulässigen Ort abgehalten wird.
Wie können nun Gesellschafter einer polnischen GmbH von einem anderen Ort als dem Abhaltungsort an einer Gesellschafterversammlung teilnehmen?
Eine Möglichkeit besteht darin, in die Gesellschafterversammlung einen Vertreter in die Gesellschafterversammlung zu entsenden, über Telekommunikationsmittel an der Versammlung teilzunehmen und den Vertreter zu dem gewünschten Handeln anzuweisen. Der Vertreter muss dazu aber physisch an der Versammlung teilnehmen und eine schriftliche Vollmacht zur Vertretung in der besagten Gesellschafterversammlung im Original (bitte kein Fax oder Scankopie) dem Versammlungsleiter vorlegen. Natürlich muss auch diese Gesellschafterversammlung am Sitzort, oder wenn zulässig (s.o.), an einem anderen Ort in Polen physisch abgehalten werden.
Die Abhaltung der Gesellschafterversammlung per internetbasierter Telekonferenz- und –kommunikationsmittel ist der „klassischen“ polnischen GmbH nicht zulässig.
Eine Gesellschafterversammlung „im Internet“ ist alleine der sogenannten „Spólka S24“ vorbehalten. Hierbei handelt es ich um eine polnische GmbH, welche auf einer Site des polnischen Justizministeriums ausschließlich „online“ gegründet werden kann. Dabei ist allerdings zwingend ein von dem Ministerium vorgegebenes Satzungsmuster zu nutzen.
Nur bei dieser speziellen Form einer polnischen GmbH können wirksam Gesellschafterbeschlüsse durch ein Telekommunikationssystem mit qualifizierter Unterschrift oder unter Nutzung der Plattform ePUAP* gefasst werden. Diese Beschlussfassung „im Internet“ ist aber nur zulässig, wenn alle Gesellschafter an der Abstimmung teilnehmen. Sind diese Voraussetzungen gewahrt, ist ein so gefasster Beschluss einem schriftlich niedergelegten Beschluss gleichwertig.
Man kann also sagen, dass sich der polnische Gesetzgeber der Abhaltung der Gesellschafterversammlung im „virtuellen Raum“ zwar schon etwas geöffnet hat, dies aber nur in engen Grenzen und nur bei der polnischen GmbH in Form der „Spólka S24“.
(*Elektroniczna Platforma Usług Administracji Publicznej – Elektronische Plattform für Dienste der öffentlichen Verwaltung)